700 Jahr-Feier in Steinwiesen

28. Juni 2023: Freudentränen des Himmels zum Jubiläum – Ehrengäste und Vereine trotzten dem Regen – Festakt in der Kirche Mariae Geburt.

Steinwiesen (sd) 700 Jahre Steinwiesen – das sind 700 Jahre Geschichte, Schicksale und harte Arbeit, das sind 700 Jahre voller interessanter historischer Tatsachen und 700 Jahre Heimatgefühl. Und genau das sollte die große Feier zum Jubiläum zeigen – Heimatgefühl, Verbundenheit und eine wechselvolle Geschichte.

Und genau das stellten die vier Musikkapellen aus Steinwiesen, Neufang, Nurn, Birnbaum und Schlegelshaid/Neuengrün zusammen mit Bürgermeister Gerhard Wunder, Pfarrer Richard Reis und den vielen Ehrengästen aus Politik und Gesellschaft sowie den zahlreich teilnehmenden Vereinen aus Steinwiesen und den Ortsteilen bei der großen Festparade unter Beweis. Denn das Wetter meinte es nicht so gut mit ihnen, es regnete ohne Unterlass, aber man ließ sich die Stimmung nicht vermiesen.

Angeführt vom Musikverein Steinwiesen führte der Zug durch die Straßen bis zur Pfarrkirche St. Mariae Geburt, wo Pfarrer Richard Reis eine Festandacht zelebrierte. Schön geschmückt zeigt sich das Gotteshaus, die Fahnenträger versammeln sich im Altarraum zur Ehre Gottes und es war an der Zeit, Danke zu sagen und den Heimatort Steinwiesen auch weiterhin unter den Schutz und der Gnade Gottes zu stellen. Ein Ort, dessen Steine so viel erzählen könnten, ein Ort, der Probleme wie jeder Ort hat, aber an dem man noch gerne ist und lebt. Eine wunderschöne Kirche, die an der Stelle steht, wo die Gottesmutter sie haben wollte und dies durch das Schneewunder gezeigt hat. Ein Wallfahrtsort, wo man auch heute noch in Gedanken die Sorgen und Nöte in die Schale der Gnadenmutter legen kann. Und ein Ort, wo es noch eine intakte Glaubensfamilie und eine gute kommunale Vereinsgemeinschaft gibt. Und wo schon immer aus den Steinen, die im Weg waren, Neues entstanden ist, neue Häuser, Straßen und auch die Kirche. In den Fürbitten baten Bürgermeister und Gemeinderat für ihre Heimatgemeinde Steinwiesen, ihre Bürger, für die Kinder und alle Verstorbenen in diesen 700 Jahren.

Rückblick mit Prof. Dr. Günter Dippold – humorvoll, spannend – eine tolle Geschichtsstunde
Festansprachen und Rückblicke sind meist ein wenig trocken und eigentlich sollen sie so schnell als möglich vorbei sein. Aber nicht, wenn Bezirksheimatpfleger Prof. Dr. Günter Dippold einen Rückblick auf 700 Jahre Steinwiesen hält. Da wird Geschichte lebendig, nicht nackte Zahlen und Tatsachen, sondern kleine Anekdoten und Vorkommnisse, die auch mal schmunzeln lassen. Und so stand schon 1840 in einem Buch „Steinwiesen ist ein Dorf, aber nicht dörflich“ – also war Steinwiesen auch damals schon „anders“. So ganz sicher ist es nicht, dass 1323 die richtige Jahreszahl ist, denn das Urbar, wo der Ort zum ersten Mal erwähnt wird, gilt von 1323 bis 1327. „Aber das ist doch gut, da könnt ihr bis 1327 durchfeiern“, meinte Dippold lächelnd.

Wie es mit der Landwirtschaft bestellt war, zeigt schon der Name „Steinnigenwiesen“, enges Tal, steile Hänge und „ganz viele Steine“. Deshalb kamen der Holzhandel und die Flößerei ins Spiel, man hatte ja die Rodach und viel Wald, doch reich wurden die kleinen Bauern und Tagelöhner dadurch nicht, im Gegenteil. Holzkartelle, gefährliches Arbeiten und viele Kosten als „Durchgangsstation“ für den Holztransport kosteten viel Geld. Ein Hoffnungsschimmer war lange Zeit der Eisenhammer, wo heimisches Eisenerz verarbeitet wurde. Doch nach dem Verkauf des Staatsbetriebes 1732 und etlicher privater Besitzer erlosch 1887 der Hochofen für immer. Erst später entstand wieder an dieser Stelle das Granitwerk. Spezialisierte Handwerker gab es nicht viele, nur eigentlich die, die für die Poststation gebraucht wurden. Dippold ging auch auf die kirchliche Geschichte ein. Das Leben der Pfarrer war „nicht frei von Nöten“, heißt sie waren teilweise sehr arm. Aber dann gab es auch solche, die ihr Amt nicht so genau nahmen, manche sogar verheiratet waren. Wichtig war vor allem der Ort als Wallfahrtsort, wo alljährlich zu Maria Geburt am 8. September Wallfahrten zum Gnadenbild stattfanden, es befindet sich heute ganz oben im Hochaltar.

Steinwiesen hatte im Jahr 1700 bereits 700 Einwohner, gut 100 Jahre später bereits 928. 1840 waren es 1472 und 1870 über 1700 Einwohner. Aber dann begann langsam die Landflucht, viele sind ausgewandert, sodass man 1900 wieder unter die 1400 fiel. Heute hat Steinwiesen Ort 1822 Einwohner, die Großgemeinde insgesamt 3390. Nach 1900 kam die Eisenbahn und auch der Fremdenverkehr etablierte sich. Viele Sommerfrischler, besonders aus Westberlin, bevölkerten den Frankenwaldort. 1969 war man auf Platz 2 der beliebtesten Urlaubsziele, gleich hinter der bekannten Ramsau. Dass sich die Steinwiesener Männer und Frauen zu behaupten wissen, haben sie in all den Jahrhunderten bewiesen. Ob in Friedens- oder Kriegszeiten, in schweren und leichten Jahren, sie gaben nie auf. Der Ort brachte Persönlichkeiten wie den „Ochsensepp“ Josef Müller hervor, nannte zahlreiche Mühlen sein Eigen und baute die heimische Industrie aus. Heute können alle mit Stolz auf ihre Vorfahren zurückblicken, hier sind die Menschen aus einem besonderen Holz geschnitzt.

Grußworte und Geschenke
Ein solches Jubiläum wie 700 Jahre Steinwiesen bedeutet natürlich auch hohen politischen Besuch. Und so konnte Bürgermeister Gerhard Wunder die Regierungspräsidentin von Oberfranken, Heidrun Piwernetz begrüßen. In ihrem Grußwort würdigte sie die wechselvolle Geschichte des Ortes. Eine engagierte Gesellschaft trägt zu einem aktiven Ort bei, gerade die über 70 Vereine und Verbände zeigen dies. Damals wie heute wurden schwere Zeiten durchlebt. Die Bürger und die politisch Verantwortlichen haben sich immer ihrer Verantwortung gestellt und die Hürden gemeistert. Prägend war schließlich auch die Gebietsreform 1978, heute ist Steinwiesen ein aufstrebender, lebens- und liebenswerter Ort. „Sie können stolz auf ihre Geschichte und das selbst erreichte sein“, betonte die Regierungspräsidentin.

In seiner unnachahmlichen lockeren Art grüßte Bezirkstagspräsident Henry Schramm alle Festgäste. Ein langer Weg trotz Regen führte hierher in die Kirche. Aber es habe sich gelohnt, eine wunderschöne Kirche, ein lebendiger Ort, Fahnen und Musik zeugen von einer guten Glaubensgemeinschaft mit vielen jungen Menschen, von einer intakten Ortsgemeinschaft und dies sei nicht selbstverständlich. In Steinwiesen ist noch Leben vorhanden, es tut sich was. „Ihr habt einen Bürgermeister mit Ecken und Kanten, aber ihr passt zamm“, dies gab Schramm den Zuhörern mit auf den Weg. Er versprach aber auch, zu gegebener Zeit eine große Kerze für die Kirche zu stiften, die Segen und Trost dem ganzen Ort spenden möge.

Was blieb da noch am Ende zu sagen? Landrat Klaus Löffler wusste es, denn er gratulierte im Namen des Landkreises zum 700. Geburtstag. Sein Dank galt der guten Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und dem Landkreis. Und man soll seine Ursprünge nicht vergessen, aber mit Zuversicht und Optimismus nach vorne blicken. Und weil es ein Geburtstag ist, gibt es natürlich auch Geschenke, da konnte sich Bürgermeister Gerhard Wunder über einen nagelneu entworfenen Bierkrug des Landkreises freuen, den Landrat Löffler überreichte. Von den anderen Rodachtalbürgermeistern, früher die Musketiere genannt, gab es ebenfalls ein passendes Geschenk. Michael Pöhnlein (Nordhalben), Norbert Gräbner (Marktrodach) und Sven Hofmann (Wallenfels) hatten für „Steinwiesen“ einen „Stein“ dabei, genauer eine Schieferplatte mit dem Wappen und dem Mühlrad.

Bevor nun der Musikverein Birnbaum, der die Festandacht musikalisch begleitete, die Bayernhymne und das Deutschlandlied anstimmte, ergriff Hausherr Bürgermeister Gerhard Wunder das Wort. Er ging kurz auf die Ehrenbürger der Gemeinde nach dem 2. Weltkrieg ein und auf die Träger der goldenen Bürgermedaille. Er dankte den Vereinen für die Verbundenheit, die sie mit ihrer Teilnahme an den Festlichkeiten bekundeten. Auf dem beispielhaften Gemeinschaftsleben in Steinwiesen kann man mit Zuversicht die Zukunft gründen. Aber dazu sind alle gefordert, Verantwortung zu übernehmen aber auch Veränderungen zuzulassen. „Gegenseitiges Vertrauen und gemeinsame Grundwerte sind wichtige Voraussetzungen für eine funktionierende Demokratie“, betonte Wunder.

Bieranstich und Festabendausklang
Unter den Klängen des Musikvereins Nurn ging es nach dem Festakt in der Kirche zurück zum Festzelt, wo der Musikverein Steinwiesen bis spät in die Nacht für Stimmung sorgte. Bürgermeister Gerhard Wunder sorgte mit dem Bieranstich dafür, dass niemand verdursten musste. Unterstützt wurde er von Landrat Klaus Löffler, 2. Bürgermeister Frank Hauck und Pfarrer Richard Reis mit guten Ratschlägen und anschließendem lauten „Prost“.

Eine Premiere gab es mit dem eigens für Steinwiesen von Steffen Prell komponierten und getexteten neuen Steinwiesener Heimatlied „Oh Steinwiesen, Perle des Frankenwalds“. Mitsingen und Mitschunkeln war angesagt, als Steffen Prell und Yvonne Kremer damit das Festzelt rockten.