Ideen für lebendige Ortskerne

Weißenbrunn. Wer mit offenen Augen durch Oberfrankens Ortschaften fährt, sieht sie überall: in die Jahre gekommene, leerstehende oder nur gering genutzte Gebäude. Oft mitten in den Ortskernen. Das Problem dahinter ist weithin bekannt. Ältere Menschen scheuen sich oft, Mieter mit ins Haus zu nehmen. Dann werden nur noch wenige Räume im mittlerweile viel zu großen Haus alleine bewohnt. Der Rest bröckelt vor sich hin. Die Frage, was investiert werden muss, um ein Objekt vermietbar zu machen, treibt auch viele Erben um. Sie befürchten hohe Sanierungskosten und haben gleichzeitig Skrupel, das Elternhaus zu veräußern. Und potenzielle Kaufinteressenten schrecken davor zurück, ein altes, vielleicht leerstehendes Haus im Bestand zu erwerben, aus Sorge vor nicht vorhersehbaren Kosten für die Instandsetzung.

Die Regionalmarketing-Initiative Kronach Creativ hat es sich zur Aufgabe gemacht, im Rahmen ihres Projektes „Kommunalentwicklung“ dagegen etwas zu unternehmen und hat das Projekt „Sanierungserstberatung“ gestartet. Das Projekt wird vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, vom Regionalmanagement Bayern und von der Oberfranken Stiftung gefördert. „Es geht hier darum, die Attraktivität einer Kommune als Lebens- und Wirtschaftsstandort zu stärken - es geht aber auch um eine Belebung der sozialen Gemeinschaft in den Orten, um das Miteinander“, so der Kronach Creativ Vorsitzende Rainer Kober. Kronach Creativ hat sich zunächst sechs Modellkommunen ausgesucht - Steinbach am Wald, Steinwiesen, Stockheim, Wallenfels, Wihelmsthal und Weißenbrunn - und im ersten Schritt mit einer Erfassung von Leerstand, Infoveranstaltungen und jeweiligen Immobilienlotsen, ehrenamtlichen „Immobilienberatern“, Basisarbeit geleistet. In Zusammenarbeit mit den Modellkommunen und ausgewählten Architekten aus der Region kam die „Sanierungserstberatung“ 2023 ins Rollen.

Auch der Weißenbrunner Sterne-Gastronom Domenik Alex hat sich über eine Sanierungserstberatung Rat für seine künftigen Bauvorhaben geholt. Im Bild v.l.: Architekt Bernd Hüttner, Domenik Alex, Bürgermeister Jörg Neubauer und Kronach-Creativ-Vorsitzender Rainer Kober. (Foto: S. Raithel)

Immobilieneigentümer bzw. potenzielle Immobilienverkäufer oder -käufer können sich hier unverbindlich beraten lassen. Interessierte bewerben sich bei ihren Kommunen um einen Sanierungsgutschein. Damit werden zehn Stunden Beratungstätigkeit durch einen Architekten abgegolten. Das für sie passende Planungsbüro können Interessierte aus einem Kreis von Architekten, die mit Kronach Creativ zusammenarbeiten, frei wählen. Der Lichtenberger Architekt Bernd Hüttner gehört dazu: „Nach der Erstberatung sollte der Eigentümer ein Gefühl dafür entwickeln können, wie eine Sanierung aussehen könnte. Gemeinsam erarbeiten wir, was Sinn macht bzw. was aus einer Immobilie einmal werden könnte.“

„Gerade junge Familien zieht es wieder zurück in den ländlichen Raum. Auch unter finanziellen Gesichtspunkten ist es für sie oft interessanter, ein Gebäude aus dem Bestand zu sanieren, als teuer neu zu bauen“, so der Weißenbrunner Bürgermeister Jörg Neubauer. Seine Gemeinde Weißenbrunn gehört zu den Modellkommunen, die sich am Projekt von Kronach Creativ beteiligen. Er unterstreicht: „Die Wiederbelebung von Leerstand ist eine der wichtigsten kommunalen Aufgaben, um die Ortschaften attraktiv und zukunftsfähig zu halten. Die Kernbereiche sind ja nicht nur räumlich, sondern auch gefühlt das Herz einer Ortschaft. Hier sollte wieder lebendiges Miteinander stattfinden können.“

Text: Sabine Raithel